Presseaussendung, 09. März 2023
Was Hänschen nicht lernt ….
Gesundheitskompetenzen lehren und lernen
- Folgen geringer Gesundheitskompetenz sind sichtbar
- Studie zeigt: 93% kranker Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahre ohne Migrationshintergrund erhalten adäquate Behandlung. Rund 40% der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund nicht
- Angebot mit niederschwelligem Zugang für Jugendliche
Menschen müssen fähig sein, im Alltag relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, und Entscheidungen zu treffen, die ihrer Lebensqualität und Gesundheit dienen – eine Kompetenz, die in früher Jugend bereits vermittelt werden soll. Ein Großteil der jungen Menschen hat hier Aufholbedarf – besonders groß sind Defizite betreffend Gesundheitskompetenz bei benachteiligten Jugendlichen, zeigt eine aktuelle Studie des Österreichischen Integrationsfonds ÖIF*). Niederschwelliger Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und Prävention sind ein Ansatz zur Lösung. Die Vermittlung von entsprechenden Kompetenzen sollte idealerweise aber im Kindesalter starten.
Gesundheitskompetenz ist lernbar. Gesundheitskompetenz ermöglicht es beispielsweise Beipackzettel von Medikamenten oder verbale und schriftliche Äußerungen von Ärzt:innen zu verstehen. Die Folgen geringer Gesundheitskompetenz
sind dramatisch sichtbar: ungünstigeres Bewegungs- und Ernährungsverhalten, höheres Gewicht (BMI) sowie häufiger chronische Erkrankungen.
Unterschiede sichtbar. „Der Gesundheitszustand von Jugendlichen unterscheidet sich zwischen Herkunftslandgruppen deutlich, häufig zu Ungunsten der Bevölkerung unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund“, betont Studienautorin Maria Hofmarcher-Holzhacker. Ein Ergebnis, das Andreas Pollak, Geschäftsführer des Vereins T.I.W. in Wien, aus seinem beruflichen Alltag unterstreicht: „Jugendliche mit wirtschaftlich schwachem Hintergrund haben deutlich häufiger gesundheitliche Probleme, chronische Krankheiten und Bedarf an psychologischer Begleitung.“ Die Situation für sogenannte benachteiligte Jugendliche und junge Menschen mit Behinderung ist schwierig: Durch sprachliche oder andere Barrieren werden medizinische Versorgung und Prävention von vielen oft komplett vernachlässigt.
Nur sechs von zehn Unter-18-jährigen mit Migrationshintergrund erhalten adäquate Behandlung. Österreichweit bekamen 2019 laut ÖIF Studie 93% der kranken Kinder und Jugendlichen dieser Altersgruppe ohne Migrationshintergrund eine adäquate Behandlung, bei Unter-18-Jährigen mit Migrationshintergrund waren es im Durchschnitt nur 61%. „Informations- und Kommunikationsprobleme dürften für Familien mit Migrationshintergrund in vielen Bereichen des Gesundheitswesens bestehen“, sieht Hofmarcher-Holzhacker hier eine der relevanten Ursachen.
Gesundheitskompetenz bringt‘s. Gesundheitskompetentere Menschen treffen gesundheitsförderlichere Alltagsentscheidungen, sie bewegen sich mehr, nehmen mehr präventive Leistungen in Anspruch, benötigen weniger Akutbehandlungen. Sie können ihre Situation besser kommunizieren und medizinische, therapeutische sowie pflegerische Empfehlungen besser verstehen und haben bessere klinische Ergebnisse. „Und entlasten letztlich damit auch das österreichische Gesundheitssystem“, bringt es Andreas Pollak auf den Punkt. „Unser Anliegen war es daher ein Angebot zu schaffen, das einen niederschwelligen Zugang für Jugendliche bietet“, so Pollak. Das TIW-Gesundheitszentrum in Wien-Hernals steht seit 2021 für benachteiligte Jugendliche offen. Kostenlos geboten werden physische als auch psychische Leistungen und die Vertiefung von Gesundheitskompetenzen durch Maßnahmen im Bereich Gesundheitserziehung und -prävention. Der Fokus liegt auf der Erstellung von Informationsmaterialien in einfacher, verständlicher Sprache. Die Broschüren und Folder werden Jugendlichen im Kontext von Workshops und Seminaren zugänglich gemacht.
*) ÖIF Studie: Hofmarcher, M. M., Wüger, J. (2022): Migration: Gesundheitliche und ökonomische Aspekte II - Kinder und Jugendliche in Österreich http://www.healthsystemintelligence.eu/docs/FoFe-Gesundheit-Kinder-WEB.pdf
Projekt mit Unterstützung des Österreichischen Integrationsfonds und in Kooperation mit der aha. Austrian Health Academy.
HS&I Projektbericht, Dezember 2022. Wien. http://www.HealthSystemIntelligence.eu
Zahlen T.I.W.-Gesundheitszentrum
Zahlen 2021 (März bis Dezember 2021)
Inanspruchnahme medizinischer Behandlung 236
Inanspruchnahme psychologischer Behandlung 328
TeilnehmerInnen Gesundheitsseminare: 293
Gesamt 857
Zahlen 2022
Inanspruchnahme medizinischer Behandlung: 261 Jugendliche und 387 Behandlungen
Inanspruchnahme psychologischer Behandlung: 369 Jugendliche und 843 Behandlungen
TeilnehmerInnen Gesundheitsseminare: 1.100 Jugendliche
Informationsveranstaltungen: 49
Über den Verein T.I.W.
Der Wiener Verein T.I.W. – Verein für Training, Integration & Weiterbildung – wurde 2004 gegründet und unterstützt seither benachteiligte Jugendliche beim Einstieg ins Erwachsenenleben. Derzeit geben 61 Mitarbeiter*innen den Jugendlichen Perspektiven und unterstützen sie auf der Suche nach Arbeitsplätzen, Lehrstellen oder integrativen Lehrstellen. Im Jahr 2022 wurden 1.400 Jugendliche in den verschiedenen Programmen des Vereins betreut und berufsfit gemacht.
Rückfrage unter
Mag. Eveline Bottesch, Himmelhoch PR
M: +43 676 920 48 88, E: evi.bottesch@himmelhoch.at